08.04.2015 || Ich treffe Uzi Mayer von Youloosie an einem sonnigen Samstagnachmittag im Vorgarten seines Häuschens in Neukölln. Seit 2013 gibt’s die Band, die eigentlich aus zwei, aber auch aus fünf Leuten besteht. Ihr minimalistischer Sound befindet sich irgendwo zwischen elektronischer Simplizität und klassischer Instrumentalbesetzung. Die Reduktion zur Einfachheit verpasst dem Klang eine Naivität, die nicht nur The Strokes-Producer Gordon Raphael überzeugte. Ihr Song Devil schaffte es bis auf Platz 8 der Radioeins-Charts.
Stagecat: Hallo Uzi! Wie geht es dir?
Uzi: Wieder gut, danke! Nach unserem letzten Auftritt habe ich erst mal flach gelegen. Mich hat es richtig erwischt.
SC: Gut, dass es dir wieder besser geht! Der Auftritt Anfang Februar im Magnet-Club hier in Berlin war der erste nach längerer Zeit der „Abstinenz“ richtig?
Uzi: Ja genau. Wir sind im August letzten Jahres Eltern geworden. Jetzt, nach einem halben Jahr können wir uns langsam wieder auf das Auftreten konzentrieren. Der Gig im Magnet war also gleich doppelt aufregend. Der erste Auftritt seit längerer Zeit und gleichzeitig das erste Mal, dass wir für unseren Sohn ein Babysitter hatten. Ich weiß gar nicht, was aufregender war. Der Gig oder ob mit dem Kind alles gut geht (lacht).
SC: Uzi, wir kennen uns schon eine Weile. Du machst schon lange Musik. Was ist mit Jule?
Uzi: Jule kommt aus einer sehr musikalischen Familie, hat aber bevor wir uns kennengelernt haben länger keine Musik gemacht. Freunde von mir haben Jule auf einer Party kennengelernt. Die Jungs haben ein Studio in Köpenick, in dem ich auch ziemlich viel abgehangen habe und Musik gemacht habe. Irgendeiner hat Jule gefragt: „Kannst du singen?“ und sie so: „Klar kann ich singen“ Mein Kumpel dann: „Hätteste Bock morgen für ein Testsingen im Studio vorbeizukommen?“ Wir sind dann da zusammen hingefahren. Jule hat dann ziemlich laut und aggressiv Background zu ziemlich geilen „Power-Popsongs gesungen. Das haben die so gut abgemischt, dass es auf einmal richtig fett klang. Ich dachte mir in dem Moment nur: „Ich wusste dass die Jule das kann“ (grinst).
SC: Vorher hast du sie nie singen gehört?
Uzi: Ne. Gar nicht. Aber in der Zeit in der wir jetzt zusammen sind haben wir schon in einigen Bands zusammen gespielt.
SC: Und war sie aufgeregt bevor sie da hin gefahren ist zum „Vorsingen“?
Uzi: Ja klar war sie aufgeregt. Aber danach hat sie einen richtigen „Schub“ gekriegt und festgestellt, dass das echt richtig Spaß macht. Um das Ganze ein bisschen abzukürzen: Irgendwann haben wir dann eine Band formiert mit mir als Schlagzeuger, ‘nem Bandleader und Sänger und Jule hat Synthesizer gespielt und dazu gesungen. Das war dann so „handgemachter“ Techno mit Gesang. So kam ich auch das erste Mal dazu elektronische Musik zu machen.
SC: Welche Musik hast du vorher gemacht?
Uzi: Eigentlich immer Rock. Mit verzerrten Gitarren und lautem, blechernen Sound. Ich fand es cool mit möglichst altem Equipment zu spielen, damit es urig klingt. Das war auch ‘ne super Zeit. Musikalisch war das wahrscheinlich auch alles wichtig für mich. In meiner Band vor Youloosie habe ich ein recht technoides Schlagzeugspiel entwickelt. Das hat den Sound von Youloosie stärker geprägt. Außerdem war Jule zu dem Zeitpunkt oft auf Techno-Partys und hat mir dadurch musikalisch ganz neue Welten eröffnet. Techno war für mich vorher immer etwas Düsteres. Erst als ich nach Berlin kam und wir im Sommer auf die ganzen Open-Air Veranstaltungen gegangen sind hat sich das geändert.
SC: Das scheint ja vielen so zu gehen, wenn sie nach Berlin kommen, dass sie total auf elektronische Musik abfahren.
Uzi: Ja genau. Außerdem hatte Jule einen Mac und ich habe festgestellt dass man damit ziemlich einfach Musik produzieren kann. Vorher hatte ich mit Macs nie was am Hut.
Musikproduzieren war für mich immer damit verbunden, mit einer Band ins Studio zu gehen. Ich habe nie zuhause gesessen und Songs komponiert. Außer vielleicht in der Zeit in der ich an meiner Soloplatte gearbeitet habe (Uzi Mayer Planet N° 13 Anm. d. Red.). Aber auch da war ich immer auf jemanden angewiesen der dann mal vorbei kam und ‘ne Gitarre zur Begleitung gespielt hat oder sowas.
Wir haben dann angefangen mit dem Mac rumzuspielen und ein paar Tage später hatten wir den ersten Song fertig. Danach haben wir ein ganzes Wochenende die Wohnung nicht verlassen, geraucht und getrunken und mit dem Teil Musik produziert. Wir hatten so viel Spaß dabei und waren richtig froh und fröhlich. Als wir uns das dann zum Schluss angehört haben, dachten wir nur: „Boa, sind wir depressiv? Das ist ja total schräges, durchgeknalltes Zeug.“ Wir haben eine ganze Weile gebraucht, bis wir herausgefunden haben, welchen Sound wir machen wollen.
Eine Schwierigkeit war auch, dass sowohl Jule als auch ich so viel unterschiedliche Musik mögen. Die alle unter einen Hut zu kriegen war echt schwer. Heraus kam dann eher so ein Potpourri an Ideen. Es waren eher Musik-Collagen, keine Songs.
Irgendwann im Februar 2013 bin ich dann mit ‘ner Idee aufgewacht, habe sofort den Rechner angeschmissen und während Jule noch aus dem Bett gekrochen ist, hatte ich schon das Grundgerüst des Songs fertig. Den Text hatte ich schon paar Tage vorher geschrieben. Wir haben uns dann gemeinsam hingesetzt und den Song eingesungen. Nachmittags war dann „It’s all said“ fertig. Danach sind wir dann raus in den Schnee auf den Spielplatz und haben mit dem Handy ein Video dazu gedreht. Also hatten wir an einem Tag den Song und das Video dazu. Nach sechs Jahren haben wir festgestellt, dass genau das der Style ist, den wir machen wollen: Einfach und vor allem unkompliziert.
SC: Die ganze Platte ist während der Schwangerschaft entstanden?
Uzi: Richtig! Ein paar Tage vor der Geburt kam die Platte raus (lacht)
SC: Was ist zuerst da? Text oder Musik?
Uzi: Definitiv die Musik. Oft arbeiten wir erstmal nur mit einer Zeile, die wir ständig wiederholen um erstmal die Musik voran zu bringen. Es würde auch den Style von Youloosie kaputt machen, wenn wir anfangen würden so richtig tiefsinnige Texte zu schreiben. Der Gesang muss einfach weiter als Instrument eingesetzt werden. Wenn man nicht Texten kann, dann sollte man es einfach halten. Wir haben nicht den Anspruch an tiefsinnige Texte.
SC: Wie schreibst du Texte?
Uzi: Wie gesagt, eigentlich bin ich überhaupt kein Texter und singe auch erst seit ein paar Jahren. Das ist alles totales Neuland für mich. Ich finde Texten so ‘ne schwierige Sache, dass ich es mir da auch gerne einfach mache. Ich singe zum Beispiel einfach das, was ich gerade sehe und rezitiere das irgendwie runter. Oder ich zitiere zum Beispiel bekannte Songs von fünfzehn Musiker und sage „dies und Jenes hat der mal gesagt“ Der Song der dabei raus kam heißt: It’s all said. Irgendwie ist doch schon alles gesagt. Was soll ich hier jetzt Texte schreiben? Ich kam mir auch richtig bescheuert vor mich mit Stift und Zettel hinzusetzen, mit dem Vorhaben jetzt einen Text zu schreiben
SC: Wie viele Personen sind „Youloosie“?
Uzi: Eigentlich sind wir ein Duett, spielen aber momentan die Konzerte zu fünft.
Jule und ich sind aber die Grundbesetzung. Zur Not könnten wir auch zu zweit auftreten, sollten die anderen mal nicht können. Wir versuchen die Musik so zu halten, dass man das auch zu zweit richtig gut machen kann.
SC: Es ging euch also darum, musikalisch eine größtmögliche Freiheit zu schaffen?
Uzi: Ja. Wir wollten das Ganze offen halten, keine festgefahrenen Strukturen haben. Trotzdem ist es mega-gut mit den anderen Jungs zu spielen. Bernd zum Beispiel, der Gitarrist, kam irgendwann mal bei mir vorbei und hat einfach mit ‘nem Interface seine Gitarre in mein IPad eingestöpselt und zu unseren Songs gespielt. Das war richtig gut. Dieser echte Gitarren-Sound über unserer einfachen Synti-Musik an der nichts Echtes dran war, außer unserer Stimme. Wir haben festgestellt, dass der Klang jetzt völlig anders war und, dass da noch mehr geht. Letztendlich haben wir dann doch noch mit Kontrabass und Gitarre eine „klassische“ Besetzung dazu geholt. Nur ohne Drums. Was dabei raus kam war für mich was wirklich Neues. Vielleicht gibt es schon Bands, die sowas machen, aber für mich war das zumindest was wirklich anderes.
Freut euch auf Teil 2 des Interviews in der nächsten Woche!
Interview: Lotta Lewis
Foto: Carsten Anders