12.10.17 || Eine Hausgemeinschaft im Prenzlauer Berg bekommt einen neuen Bewohner: Jan und Inga möchte den syrischen Flüchtling Samih aufnehmen. Da dieser aber in Italien gemeldet ist, darf er nicht von den deutschen Behörden entdeckt werden und ist auf die Kooperation der anderen Hausbewohner angewiesen. Doch schon bald offenbaren sich die Probleme dieser sonst so eingeschworenen Gemeinschaft und sie müssen sich die Frage stellen, wie das Zusammenleben zwischen ihnen und Samih im Kontext einer heiß geführten Flüchtlingsdebatte funktionieren kann.
Ein Haufen Fragen, die das scheinbar Selbstverständliche betreffen
Die Linde im Hinterhof grünt gerade erst, als die Bewohner der Nummer 68 im Prenzlauer Berg entscheiden, dem syrischen Kriegsflüchtling Samih Unterschlupf zu bieten. Über die Aufnahme von Samih entscheiden alle Hausbewohner: Inga und Jan wollen ihn retten. Die Studentinnen Nikola und Julia möchten schon irgendwie helfen. Die alten Berliner Günther und Ute wollen, dass sich nichts ändert. Das gutbürgerliche Paar Anne und Sven sorgt sich um die Sicherheit seiner Tochter. Der scharfzüngige Schriftsteller Ott und der Amerikaner Will spotten. Und die Eltern der kenianischen Familie Massawe bleiben skeptisch, während ihr Sohn ein großes Abenteuer wittert. Bevor das letzte Blatt der Linde im Herbst fällt, hat jeder der Bewohner einiges über sich offenbart und sie alle haben ihre eigene Geschichte mit dem zurückhaltenden Samih, der bis zum Schluss gemischte Gefühle in ihnen auslöst.
So unglaublich nah an unserer Realität
Hinterhofleben ist ein hochaktueller Gesellschaftsroman, der sich nicht scheut, aktuelle und brisante Themen zu verhandeln: den Kriegszustand in Syrien, die Flüchtlingsströme zu Land und zu Wasser, deutsche Willkommenskultur, Homosexualität, europäische Kolonialisierungsgeschichte, kindliche Abenteuerlust und sich gegenseitig in die Quere kommende Helfer-Syndrome. Maik Siegel greift die Flüchtlingsdebatte auf und wandelt sie klug in Charaktere um, ohne es dabei an Humor mangeln zu lassen. Mit scharfer Beobachtungsgabe eröffnet er uns ein Fenster in den Hinterhof eines typischen Berliner Hauses, in dem Zynismus und Alltagsschmerz aufeinanderprallen. Ein Roman, der den gängigen Argumenten der Flüchtlingsdebatte ein Gesicht gibt, das jenseits von Schwarz- und Weißmalerei liegt.
Über den Autor:
Maik Siegel wurde 1990 in Salzgitter geboren. Er studierte Germanistik und Anglistik auf Lehramt in Braunschweig, Berlin, Leeds, Taipeh und London. Arbeitsaufenthalte in Tansania, Kanada und Uruguay. 2013 gewann er den A. E. Johann-Literaturpreis. Er veröffentlichte u.a. im Wochenmagazin Der Freitag und ist Redaktionsmitglied des Literaturmagazins »metamorphosen«. Maik Siegel lebt und arbeitet in Neukölln. Hinterhofleben ist sein Debütroman.
Hinterhofleben erscheint am 6. Oktober im Divan Verlag.
Text: Alexander Krug